Krisenmonitoring

 Haters Gonna Hate! 

Je größer und bekannter ein Unternehmen und je mehr es polarisiert, desto wahrscheinlicher ist es, dass Teile der Kommunikation auch negativ behaftet sind. Im digitalen Zeitalter hat der Austausch von Meinungen zwischen Privatpersonen und öffentlichen Publikationen deutlich zugenommen. Durch die zunehmende Kommunikation steigt auch das Risiko, dass negative Kritik viral geht und es zu einer Krise kommt, in der sich Unternehmen mit massiver Kritik und negativen Aussagen auseinandersetzen müssen.
Dies kann das Image eines Unternehmens nachhaltig beschädigen, was weitere weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Produkte mit Monitoring richtig analysieren

Die Vernetzung der Nutzer auf sozialen Netzwerken begünstigt die sogenannte Mundpropaganda oder auch electronic Word-of-Mouth. Für ein Unternehmen ist dies eine kostenlose Möglichkeit seine Reichweite zu steigern. Zudem wird die Kaufentscheidung eines Kunden fast zu 50 % von den Empfehlungen der Freunde und Familie beeinflusst. Aus diesem Grund ist Mundpropaganda auch deutlich effektiver als Massenkommunikation, da der Verbraucher sich eher von seinen Mitmenschen als von externen Experten beeinflussbar zeigt. Außerdem ergeben sich bei electronic Word-of-Mouth weniger Streuverluste, da es zielgerichtet von Menschen zu Menschen weitergegeben wird und diese meist nur gemeinsame Interessen kommunizieren. Jeder Nutzer folgt nicht nur seinen Freunden und Verwandten, sondern auch Menschen, die derjenige nicht persönlich kennt. Also besteht auch die Möglichkeit, sich von diesen neuen Kontakten beeinflussen zu lassen. Ein weiterer Vorteil von electronic Word-of-Mouth ist es, dass Informationen visuell weitergeleitet werden können. Bei der traditionellen Mundpropaganda besteht das Problem der Verfälschung der eigentlichen Message des Unternehmens, im Gegensatz dazu wird die Botschaft im digitalen Bereich selten modifiziert oder verändert. Außerdem lässt sich Mundpropaganda im digitalen Bereich für Unternehmen leichter beeinflussen und kontrollieren. Medienmonitoring findet und kategorisiert die Verbreitung zwischen den Nutzern und ermöglicht dadurch den Unternehmen immer zu wissen was und wie gerade über etwas gesprochen wird. Die digitale Mundpropaganda bietet den Unternehmen heutzutage jedoch nicht nur Vorteile. Aufgrund der Bildung vieler interessenspezifischer Gruppen schaukeln sich negative Empfindungen oft rasant hoch. Ebenfalls begünstig durch räumliche Distanz und Anonymität nimmt die Hemmschwelle ab negative Kommentare zu veröffentlichen, obwohl die wenigsten Personen jemanden im persönlichen Kontakt offen beleidigen würden. Dies kann für Unternehmen zu einem ernsthaften Problem werden.

Wo findet man Fake News?

Umfrage zum Risiko von Falschinformationen in den Medien.

Erhebung: Deutschland; IfD Allensbach; 01.10.2018 bis 23.10.2018; 2.133 Befragte; ab 16 Jahre Quelle: Horizont Nr. 07, 14.02.2019, Seite 12.

Was passiert, wenn man das Problem ignoriert oder nicht bemerkt?

Einer der größten negativen Effekte, die fehlgeleitetes Online-Marketing hervorrufen kann, ist der sogenannte „Shitstorm“. Die Bedeutung von Shitstorm kann als ein „Sturm der Entrüstung" in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen “einhergeht“, verstanden werden. Zunächst ist es “nur eine Kritik”, aber indem sich immer mehr Menschen an der Kritik beteiligen, bleibt diese meist nicht mehr sachlich, sondern endet in Beleidigungen und Diffamierungen gegen das Unternehmen. Gerade das Internet bzw. Social-Media-Plattformen bieten sich für Hass und beleidigende Kommentare an. Ein Shitstorm kann durch die unterschiedlichsten Elemente aufkeimen, selbst eine Kleinigkeit wie eine schlecht gewählte Bildunterschrift oder ein unglücklicher Kommentar kann zu einer Reihe von negativen Kommentaren führen. Einer der häufigsten Auslöser für einen Shitstorm ist eine vermeintliche Missachtung von moralischen oder ethischen Maßstäben.

Erste Phase – Der frühe Vogel fängt den Wurm

Die erste Phase einer Krise, auch Anfangsphase genannt, beginnt mit der Veröffentlichung der jeweiligen Handlung. Meistens nimmt das Unternehmen zu dieser Zeit nur eine geringe negative Resonanz wahr, welche im Social-Media- Bereich jedoch nicht untypisch bei größeren Kanälen ist. Wenn das Unternehmen in dieser Phase bereits einen aufkommenden Shitstorm bemerkt, dann ist es zu diesem Zeitpunkt noch am einfachsten einem Shitstorm entgegenzuwirken. Es bieten sich mehrere Optionen an ihn zu unterbinden. Durch regelmäßiges Monitoring werden Themen und Rubriken beobachtet und mit Hilfe von Sentiment- sowie Tonalität-Analysen auf die vorherrschende Stimmung untersucht. So kann Monitoring als Frühwarnsystem fungieren, bei dem kritische Themen zeitnah identifiziert werden. Für die Krisenprävention sind potenzielle Krisenfälle zu identifizieren, damit auf deren Basis einzelne Handlungsabläufe simuliert werden können. Diese Simulationen geben Anregungen für die Ausrichtung des Monitorings, das in normalen Zeiten installiert werden sollte. Somit ist ein Unternehmen in der Lage, anhand der vorab festgelegten Krisenpläne schnell zu reagieren und verliert keine wertvolle Zeit bei der Entwicklung von benötigten Strategien sollte ein Krisenfall eingetreten sein.

Worst Case: KitKat

Einer der bekanntesten Shitstorms geht auf die Initiative der Umweltschutz-Organisation Greenpeace zurück. Diese kritisierte, dass eine große Menge Palmöl zur Produktion von Nestlé “KitKat” verwendet wird. Dabei würden wichtige Lebensräume von Orang-Utans zerstört und gar deren Population gefährdet. Ausdruck verlieh sich Greenpeace mittels einer Social-Media-Kampagne mit abschreckenden YouTube-Videos. Die machten natürlich schnell die Runde. Nestlé wollte das Video verbieten und schaltete aggressiv Fanseiten ab, um der Diskussion zu entkommen. Letzten Endes der falsche Weg: Die Kampagne erlangte dadurch noch mehr Aufmerksamkeit und das Video verbreitete sich noch rasanter auf den unterschiedlichsten Plattformen.

Was kann Monitoring tun?

Sobald eine kritische Situation eintritt, wird es notwendig, das allgemeine Monitoring auf die spezifische Situation zu konzentrieren. So kann die Kritik bei Nachhaltigkeitsthemen aus der Richtung von Umweltverbänden kommen, im Falle von mangelnder Produktqualität aus der Richtung von Verbrauchern und bei Wirtschaftskrisen sind evtl. Aktionärsverbände zu beobachten. Die jeweilige Situation bestimmt die Ausrichtung der Beobachtung: lokal, international, medial, persönlich. In seltenen Fällen ist es wichtig, sich persönlich ein Bild vor Ort zu machen. In anderen Fällen kann eine automatische Beobachtung in Form von Ausschnittdiensten, Alerts oder RSS-Feeds installiert werden. Bei dem automatischen Monitoring ist darauf zu achten, dass die Suchbegriffe die Resonanz ganz erfassen. Im Krisenfall kann es passieren, dass z. B. das Unternehmen gar nicht mehr genannt wird, sondern nur ein Produktname oder ein Ort in den Kommentaren vorkommt. Trotzdem ist klar, dass das Unternehmen gemeint ist.

Automatisches Monitoring allein reicht nicht immer

Ebenfalls zu beachten ist, dass es bei internationaler Resonanz in verschiedenen Sprachen unterschiedliche Schlagwörter geben kann. Daher ist es bei automatischen Monitoringsystemen immer ratsam durch manuelle Suchen aktiv nach eventuell neuen Stichwörtern zu suchen. Zudem kann es bei einem rein automatischen Monitoring vorkommen, dass bei sarkastischen oder ironischen Kommentaren die Sentiment-Analyse nicht zu 100 % akkurat ist. Ebenso ist es bei automatischer Kodierung von Kommentaren sinnvoll, eine menschliche Qualitätskontrolle einzusetzen.

Worst Case: Beispiel O2

2011 beschwerte sich ein Blogger bei O2 über Netzprobleme. Die Antwort des Telekommunikationsunternehmens: Es handle sich um einen Einzelfall. Das wollte der Blogger nicht auf sich sitzen lassen und schuf die Seite www.wir-sind-einzelfall.de, auf der sich tausende Betroffene meldeten. Später reagierte O2 und versprach sein Netz weiter auszubauen.

Zweite Phase – Beobachten und Reagieren

Gleichzeitig ist es wichtig den Zeitverlauf der Krise zu beobachten: steigt die Zahl der Kommentare an, ist sie konstant oder reduziert sie sich bereits? In der zweiten Phase oder Wendepunkt genannt, registriert das Unternehmen eine negative Resonanz gegenüber einer ihrer Veröffentlichungen. Dieses Phänomen wird meist durch einen bestimmten Auslöser indiziert, wodurch sich die Kritik maßgeblich vergrößert. Ohne regelmäßiges Monitoring merkt selbst in dieser Phase ein Unternehmen oft nicht, dass sie von einem Shitstorm betroffen sind, beziehungsweise ihnen einer bevorsteht. Außerdem besteht auch die Möglichkeit, dass die Situation durch das schnelllebige Internet in Vergessenheit gerät und dadurch in Phase zwei bereits ein Ende findet.

Von der Quantität zur Qualität

Die rein quantitative Erfassung der Kommentare lässt noch keinen Schluss darüber zu, um welchen Inhalt es sich handelt, ob eine “Bedrohung” für das Unternehmen davon ausgeht oder wie groß diese ist. Eine inhaltliche Betrachtung ist daher unerlässlich. Je nach Menge der Kommentare kann es ausreichen, sie unsystematisch zu beobachten, zu bewerten und zu kommentieren. Sollte die Menge an kritischer Resonanz jedoch unübersichtlich werden, ist eine systematische Beobachtung und Bewertung zu empfehlen. Es bietet sich eine Unterteilung der Kommunikation in ihre „Einzelteile“ an, um sie standardisiert bewerten zu können. Relevante Faktoren können mit Hilfe der traditionellen Lasswell-Formel unterteilt werden “Welcher SENDER verbreitet in welcher QUALITÄT zu welchem ZEITPUNKT über welches MEDIUM welchen INHALT”? In diesem Zusammenhang wird der Effekt noch nicht erfasst und bewertet, dies wird dann ein Bestandteil der abschließenden Krisenevaluation. Zum Zeitpunkt des Publizierens kann meist noch keine Reaktion oder Auswirkung festgestellt werden, bzw. ist es Aufgabe der Krisenkommunikation, potenzielle Auswirkungen möglichst vor dem Geschehen abzuschätzen und Maßnahmen einzuleiten, um diese abzumildern oder zu verhindern.

Monitoring ist keine Momentaufnahme

Durch einheitliche Intervalle können die Daten gut verglichen werden und ein Abbild des Krisenverlaufs bieten. In jedem betrachteten Zeitraum sind dann Steuerungsentscheidungen zu fällen. Dabei geht es zunächst um das Krisenmanagement: Sind die Entscheidungen, wie mit der Krisensituation umgegangen wird, richtig? Sieht die Öffentlichkeit dies auch so? Auch die rechtliche Komponente fließt hier in den Entscheidungsprozess ein: Ist das Verhalten des Unternehmens rechtlich einwandfrei? Die Krisenevaluation in Form des Krisenmonitorings liefert Informationen über die Bewertung der Situation durch die Öffentlichkeit. 
Wenn die Sichtweise der Öffentlichkeit sich stark von der des Unternehmens unterscheidet, ist das Unternehmen gefordert, entweder in der Kommunikation die Zusammenhänge deutlicher darzustellen, oder die Managemententscheidung zu überdenken. Das Recht definiert den Rahmen des Handelns. Die Kommunikation kann informieren, Kritik anhören und weiterleiten und auf diese Weise Beziehungen zu relevanten Stakeholdern aufbauen.

Dritte Phase – Aushalten und Lernen 

Wenn kein aktives Handeln des Unternehmens dem Shitstorm entgegenwirkt, kommt es zu Phase Drei des Krisenverlaufs. In dieser Phase merkt das Unternehmen einen Schwall an Negativität in Form von Kommentaren, sinkenden Abonnentenzahlen oder auch Privatnachrichten. 

Es herrscht eine offensive Kommunikation gegenüber dem Unternehmen vor, welche auch über den eigenen Social Media Kanal der Firma hinaus Auswirkungen haben kann. Dieses Problem betrifft das Unternehmen sowohl extern als auch intern, da es zu Spannungen zwischen den verschiedenen betroffenen Abteilungen kommen kann. Wichtig ist es eine schnelle Reaktion auf den Shitstorm zu zeigen, um ihn schnellstmöglich zu unterbinden. 

Eine langanhaltende Hetze in Sozialen Medien gegen ein Unternehmen kann im schlimmsten Fall zu dessen Ende führen. Da ein aktives Agieren in dieser Phase nicht mehr möglich ist, geht es für das Unternehmen darum so schnell wie möglich auf die anhaltende Negativität zu reagieren. Klingt der Shitstorm wieder ab, sollte das Unternehmen im Anschluss eine Präventionsstrategie entwickeln, um gegen zukünftige Shitstorms gewappnet zu sein. Außerdem sollten auch Pläne erstellt werden, um neue Krisen effektiver zu lösen.

Fazit

Krisenmonitoring ist ein wichtiges Werkzeug, um ein Unternehmen in der digitalen Welt vor unbemerkten Gefahren zu schützen und unterstützt nicht nur als Frühwarnsystem vor Krisen, sondern begleitet Unternehmen auch während einer Krise als Informationsquelle bei der Strategieentwicklung. Letztlich bildet Monitoring ebenfalls die Basis, um nach der Krise neue präventive Maßnahmen festzulegen und stärker aus der Krise hervorzugehen.

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